Die Leugnung des Völkermordes an den Tutsi in Ruanda 


Der Völkermord an den Tutsi in Ruanda ist eines der gegenwärtigsten Verbrechen an der Menschheit, die ausgeübt wurden. Der Genozid ist von der Welt als socher anerkannt worden - wird bis heute allerdings auf unterschiedliche Weise geleugnet.

Die Leugnung des Völkermordes an den Tutsi ist der Versuch, das Ausmaß und die Schwere des Verbrechens zu leugnen, zu negieren oder zu minimieren. Es ist auch der Versuch, die ruandische Geschichte zu dekonstruieren mit dem Ziel, die Geschehnisse zu vertuschen, die Wahrheit zu vernichten und sich der Rechenschaftspflicht zu entziehen. Laut Dr. Gregory H. Stanton, dem Vorsitzenden von Genocide Watch, ist die Leugnung das letzte Stadium eines Genozids, das während des gesamten Völkermordes andauert und immer auf diesen folgt. Außerdem ist sie eines der sichersten Anzeichen für weitere Völkermorde. Die Täter des Völkermords graben zum Beispiel Massengräber aus, verbrennen die Leichen, versuchen, die Beweise zu vertuschen und die Zeugen einzuschüchtern. Sie leugnen, dass sie Verbrechen begangen haben, und geben oft den Opfern die Schuld an dem, was geschehen ist. Die Leugnung des Völkermordes an den Tutsi manifestiert sich aber auch in anderen Formen:

1. Anzweifeln und Verharmlosen der Statistiken

Verschiedene Quellen geben eine Schätzung darüber ab, wie viele Menschen während des Völkermordes getötet wurden. Meistens wird die Zahl der Toten mit 500.000 bis 800.000 angegeben, wobei die meisten von ihnen Tutsi waren. Obwohl diese Zahlen z. B. von den Vereinten Nationen (UN) nach dem Völkermord an den Tutsi verwendet wurden, hat sich die Opferzahl im Laufe der Zeit geändert und ist auf der Grundlage der Leichen, die in verschiedenen Völkermord-Gedenkstätten entdeckt und würdig bestattet wurden, gestiegen. Nach Angaben der ruandischen Regierung wurden während des Völkermords an den Tutsi im Jahr 1994 innerhalb von 100 Tagen mehr als eine Million Ruander*innen brutal getötet. Diejenigen, die den Völkermord an den Tutsi heute leugnen, ignorieren die aktuelle Schätzung der ruandischen Regierung über die Zahl der während des Völkermords an den Tutsi Getöteten und verwenden eine niedrigere Zahl, um das Ausmaß der Tragödie zu verharmlosen.

2. Angriff auf die Beweggründe derjeniger, die die Wahrheit sagen

Diejenigen, die versuchen, die Wahrheit über den Völkermord an den Tutsi zu sagen, werden in den meisten Fällen auf den Plattformen der sozialen Medien angegriffen, eingeschüchtert oder physisch attackiert. Die Leugner des Völkermordes an den Tutsi versuchen alles, um zu verhindern, dass die Wahrheit ans Licht kommt.

3. Behauptung, dass die Todesfälle unbeabsichtigt waren

Die Leugner des Völkermordes an den Tutsi propagieren immer wieder, dass der Völkermord an den Tutsi nicht geplant war. Sie machen diese Behauptung, um zu beweisen, dass es keine Absicht gab, die Tutsi auszurotten, sondern dass die Hutu nach dem Tod des ehemaligen Präsidenten Habyarimana Juvénal wütend waren und die Tutsi angriffen, weil sie sie für Komplizen der RPF hielten, die am 1. Oktober 1990 in Ruanda einmarschierte.

4. Betonung der Fremdheit der Opfer

Die Tutsi wurden schon vor dem Völkermord als Ausländer betrachtet, die aus Abessinien in Äthiopien gekommen sein sollen, um angeblich Ruanda zu erobern. Die Leugner des Völkermordes an den Tutsi rechtfertigen ihn damit, dass die Hutu, die die Tutsi töteten, ihr Land (Ruanda) gegen ausländische Eroberer verteidigt hätten.

5. Rationalisierung der Todesfälle als Ergebnis eines ethnischen Konflikts

Die Leugner des Völkermords an den Tutsi qualifizieren das Geschehen als einen Krieg zwischen Tutsi und Hutu. Sie sagen, dass es auf beiden Seiten Tote gab. Sie akzeptieren nicht, dass es einen Völkermord an den Tutsi gab, weil sie nicht die Verantwortung tragen und sich der Gerechtigkeit stellen wollen.

6. Die Tötungen werden "außer Kontrolle geratenen" Kräften angelastet

Die Leugner des Völkermords an den Tutsi verwenden das Wort "außer Kontrolle", um zu betonen, dass die Masse der Bevölkerung, die sich aus wütenden Hutu, Interahamwe und Impuzamugambi zusammensetzte, an den Morden beteiligt war. Diese Strategie hat als Ziel, Verwirrung zu stiften und sicherzustellen, dass niemand zur Verantwortung gezogen werden kann. Es wird versucht zu zeigen, dass angeblich Chaos herrschte und die Armee, die Polizei und die Behörden damit beschäftigt waren, die Ruandische Patriotische Front (RPF) auf dem Schlachtfeld zu bekämpfen. Der Völkermord an den Tutsi war jedoch von langer Hand geplant.

7. Behauptung, dass die Geschehnisse nicht der Definition eines Völkermords entsprechen

Die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes hebt in Artikel 2 hervor, dass ein Völkermord vorliegt, wenn "die Absicht besteht, eine nationale, ethnische, rassische oder religiöse Gruppe als solche ganz oder teilweise zu vernichten". Diejenigen, die den Völkermord an den Tutsi leugnen, behaupten, es habe keinen Vorsatz gegeben, weil der Völkermord nicht geplant gewesen sei. Sie rechtfertigen den Völkermord an den Tutsi als einfache Tötungen zwischen Hutu und Tutsi in einem angeblichen Bürgerkrieg.

8. Schuldzuweisung an die Opfer

Die Leugner des Völkermords an den Tutsi geben den Opfern die Schuld, indem sie sagen, dass sie für die Morde verantwortlich seien, weil sie diese durch die ihnen fälschlicherweise zugewiesene Ermordung des ehemaligen Präsidenten Habyarimana provoziert hätten. Sie haben die Behauptung aufgestellt, dass das Flugzeug, in dem der ehemalige Präsident Habyarimana saß, von der RPF abgeschossen wurde. Die Schuldzuweisung an die Opfer ist mit dem Narrativ verknüpft, dass der Völkermord nicht geplant gewesen sei und es nur im Rahmen eines angeblichen Bürgerkriegs zu Tötungen zwischen Hutu und Tutsi gekommen sei.

9. Das Geschehen als "ruandischen Völkermord" bezeichnen

Diejenigen, die den Völkermord an den Tutsi leugnen, nennen ihn oft "ruandischen Völkermord", um Verwirrung zu stiften. Ihr Ziel ist es, ein Narrativ zu verbreiten, wonach Ruander*innen sich angeblich gegenseitig umgebracht hätten und Hutu und Tutsi bei denselben Morden ums Leben kamen.

10. Qualifizierung der Geschehnisse als "doppelter Völkermord"

Der Begriff "doppelter Völkermord" wird von denjenigen verwendet, die den Völkermord an den Tutsi leugnen. Es wird behauptet, dass die RPF ebenso einen Völkermord an den Hutu begangen habe. Dabei handelt es sich um eine Relativierung eines Verbrechens gegen die Menschheit wie dem Völkermord an den Tutsi, indem es mit einem anderen tragischen Ereignis verglichen wird, das so nicht stattgefunden hat.